Wiese im naturnahen Garten
Gefühlt jede Kundenanfrage beinhaltet den Wunsch, eine Blumenwiese im Garten zu haben.
Ich schaue mir dann zuerst die Gegebenheiten vor Ort an:
- ist überhaupt schon etwas vorhanden oder muss neu angesät werden?
- soll eine Rasenfläche in Wiese umgewandelt werden? (meistens keine gute Idee, siehe weiter unten, außer es ist schon ein Kräuterrasen)
- wie sind die Lichtverhältnisse? (eine Wiese benötigt freie Sonneneinstrahlung)
- wie sind die Bodenverhältnisse? (die meisten Böden sind zu nährstoffhaltig, daher muss abgemagert werden, indem das Mähgut immer entfernt wird)
- wie stark wird der Nutzungsdruck im Garten sein? (Wiesen vertragen kein Betreten)
Wenn diese Fragen geklärt sind, kann die Planung beginnen.
Warum sind Wiesen so wichtig?
Was sind die Hintergründe für den Wiesenhype?
Echte Wiesen außerhalb von Gärten und öffentlichem Grün werden immer seltener und mit ihnen die dazugehörigen Tiere. Viele Wildbienen sind auf einige Pflanzen spezialisiert, wie zum Beispiel die Natternkopf-Mauerbiene auf den Natternkopf (Echium vulgare). Die Raupen der von uns schon schmerzlich vermissten Falter fressen an Gräsern und Kräutern, viele an Brennnesseln. Heupferde lieben den Gräserdschungel, Käfer und Schwebfliegen laben sich an Wilder Möhre oder Rainfarn, der ebenfalls gerne von der Rainfarn-Maskenbiene als Pollen- und Nektarquelle genutzt wird.
Die Wiese ist also ein Lebensraum, ein wichtiger Ort zum Leben, Lieben und mehr für viele Lebewesen, die von einander abhängen und auf die Pflanzen angewiesen sind.
Mit einer Wiese im eigenen Garten können wir diese Lebensräume als Trittsteine wieder ins System bringen!

Rasen in Wiese umwandeln? Meine Erfahrungen
Mein Experiment mit der Umwandlung der Mehrschnitt-Rasenfläche vor unserem Wohnblock in eine Wiese läuft gerade nicht so wie geplant.
Ist es im Frühjahr zu trocken, reifen die Gräser zu schnell aus, was dann eine wirklich unansehnliche Fläche mit trockenen Halmen ergibt. Der Hang ist sehr trocken, auch, weil drei Blutpflaumen alles Wasser abziehen. Im Schatten hat sich ein Johanniskraut etabliert, viele Kräuter waren schon in der Fläche vorhanden. Besonders im Frühling, so ab März, wird es bunt auf der Fläche. Rote Taubnessel, Löwenzahn, die von mir eingebrachten Blumenzwiebeln und mehr locken die ersten Wildbienen an. Im Mai starten die verschiedenen Kleearten und die Wilde Malve durch, jetzt Ende Juli blühen Schafgarben und noch vereinzelt der Natternkopf.
Die Saatgutübertragung von der nahegelegenen Wiese vor einer Kita hat bisher noch keine Wirkung gezeigt.
Die Rasengräser sind zu dominant, so dass die Wiesenblumen einfach keine Chance haben, zu keimen und hochzuwachsen.
Gemäht wird die Wiese nach meiner Anleitung von den Hausmeistern bisher einmal Ende Juli. Ich stelle fest, dass ein anderer Mährythmus vielleicht besser wäre. Mindestens zweimal jährlich, Ende Mai und Mitte September. Dann können gleichzeitig auch die Wildtriebe der Blutpflaumen und die Ausläufer der benachbarten Trompetenwinde im Zaum gehalten werden.
Besser wäre es gewesen, die Rasenfläche zu fräsen und Wiese direkt danach anzusäen. Immerhin konnte ich bisher 30 verschiedene Wiesenpflanzenarten feststellen.
Wiese anlegen
Der wichtigste Punkt: eine gute Saatgutmischung zu finden. Die Baumarkt-Mischungen enthalten leider oft nichtheimische Exoten, die der Mischung zwar den farbigen Kick geben, aber meist nur einjährig sind und im nächsten Jahr dazu zwingen, die Mischung erneut anzusäen. Das ist nicht nachhaltig!
Gute Quellen für standortgerechte, zum Boden und den Lichtverhältnissen passende Mischungen sind z.B. Fa. Rieger-Hofmann und Fa. Syringa.
Der zweite Punkt: Boden vorbereiten. Wenn noch Rasen vorhanden ist, wird die Fläche, auf der eine Wiese entstehen soll, entrasifiziert, also Spaten und Schaufel zur Hand und Rasensoden abgestochen und entfernt. Damit lassen sich z.B. eine Rasenbank gestalten oder kleine Höhenzüge in den Beeten anlegen (damit sind die hinteren Stauden besser zu sehen, kleiner Planertrick!). Lockere den Boden gut auf, arbeite, wenn nötig, Sand ein, um den Boden weiter abzumagern und harke Steine und Wurzelreste raus.
Der letzte Punkt: die Ansaat. Am besten gelingen Ansaat und Keimung, wenn der Boden feucht ist, kurz nach einem Regen und vorzugsweise im Frühjahr und Herbst, wenn es nicht so heiß und trocken ist. Strecke die Wiesensaatmischung mit etwas Sand in einer Schüssel oder einer Säwanne, so lassen sich die manchmal sehr feinen Samen besser breitwürfig ausbringen. Die Menge pro Quadratmeter wird auf der Verpackung verzeichnet sein. Der Richtwert für die Aussaatdichte liegt bei fünf bis zehn Gramm Saatgut pro Quadratmeter. Wie bei der Rasenansaat wird die Fläche nun angewalzt, mit einer Rasenwalze oder selbstgebauten Trittbrettern. Du kannst den Boden aber auch einfach sich setzen lassen.
Wiese pflegen
Wiese anlegen und dann wachsen lassen? Keine gute Idee. Wiesen müssen gemäht werden, damit sie nicht verbuschen. Es gibt die einschürige, zweischürige und sogar dreischürige Variante, also 1-3 x/Jahr mähen, am besten etappenweise in Teilflächen. So haben die Wiesenbewohner eine Chance, sich umzusiedeln.Anschließend das Schnittmaterial einen Tag liegen lassen zum Aussamen der Blüten und dann entfernen. Bei kleinen Flächen klappt das sogar mit der Sense oder Handsichel. Macht keinen Lärm und entspannt gut.
Wer es lieber maschinell erledigen will, nimmt Freischneider oder Balkenmäher - nur beim Kräuterrasen, der öfter gemäht werden kann, geht es wegen der Schnitthöhenbegrenzung noch mit dem Rasenmäher. Ideal sind Naturmäääher wie Schafe und Ziegen.

Wiesenwunderland
Du hast noch nicht genug vom Thema Wiese? Hier habe ich einen kleinen, entspannenden Video-Streifzug durch verschiedene Wiesentypen für Dich.
Zum Weiterlesen
Ulrike Aufderheide: Rasen und Wiesen im naturnahen Garten; Pala Verlag, Darmstadt, 3.Auflage 2020